Rede von der Anti-WTO Koordination zur Antirassismus-Demo in Liestal vom 9.9.2000

Hoi zäme!

Am 24. September wird abgestimmt über die Stammtischinitiative, die den Ausländeranteil in der Schweiz auf 18% festlegen will. Wir sind uns wohl alle einig: diese Initiative ist rassistisch und muss abgelehnt werden. Auch die meisten Parteien und die Wirtschaft engagieren sich gegen diese Initiative. Ist Antirassismus wieder hype? Der Schein trügt, denn gleichzeitig ist eine neue Verschärfung des Ausländergesetzes in

Vorbereitung. Diese Verschärfung teilt Menschen ohne Schweizer Pass in verwertbare und unbrauchbare Arbeitskräfte ein. Kommen sollen nur die, die der Wirtschaft nutzen.

Der Saisonnierstatus soll abgeschafft werden. Dafür gibt's die Kurzaufenthaltsbewilligung, befristet auf ein Jahr. Sie kann höchstens um 1 Jahr verlängert werden. Die bessere Aufenthaltsbewilligung, d.h. der Daueraufenthalt, ist an einem bestimmten Aufenthaltszweck gebunden. Als Arbeitsbewilligung wird sie vor allem den Hochqualifizierten und den EU-Angehörigen vorbehalten sein.

Was sich aber nicht ändert, ist das Tänzerinnen-Visum. Dieses Visum ist an sich schon eine spezifische Form der Ausbeutung. Es gewährt den Frauen acht Monaten Aufenthalt, sofern sie in einem Nightclub arbeiten. Wenn die Migrantin innerhalb dieser acht Monate mehr als einen Monat keinen Vertrag erhält und dadurch keiner Beschäftigung als sogenannte Artistin nachgehen kann, entfällt die Bewilligung.

Unter dem Schlagwort _illegale Einwanderung" wird ein Teil der Bevölkerung zum Ausland im Inland erklärt. Menschen ohne gültige Aufenthaltsbewilligung ist der Zugang zu medizinischer Versorgung erheblich erschwert. Sie können keine Krankenversicherung abschliessen und müssen deshalb unerschwingliche Beträge aufbringen, wenn sie sich in einem Krankenhaus behandeln lassen wollen. Sie müssen jederzeit damit rechnen, kontrolliert und ausgeschafft werden. Zudem können sie sich rechtlich nicht wehren. Viele Sexarbeiterinnen und Hausangestellte können real keine Strafklagen wegen Frauenhandel, Vergewaltigung oder Mietzinswucher erheben, da sie sich damit als illegalisierte Frauen zu erkennen gäben und vor Abschluss des Prozesses ausgeschafft würden.

Die Verschärfung des Ausländergesetzes will noch massiver gegen _Sans-Papiers", die hier leben, vorgehen: sie werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr oder mit Busse bis zu sFr. 20'000.- bestraft. Auf diese Strafe kann bei sofortiger Ausschaffung verzichtet werden. Die gleiche Strafe gilt übrigens auch für diejenige, die versuchen, den Aufenthalt oder die Einreise von Sans-Papiers zu erleichtern.

Auf Anordnung des Bundesrates müssen in Grenzregionen Flug-, Bahn- und Buspersonal sowie Taxifahrerinnen in Zukunft illegal einreisende Menschen bei der Polizei denunzieren.
Wer mal einen übersieht oder bei dieser Menschenjagd nicht mitmachen will, macht sich strafbar.

Mit dieser Veschärfung der Ausländergestzes wird der Geist der 18%-Initiative durchgesetzt. Es findet sich aber kein breites Bündnis, dass sich gegen diese rassistische Gesetzesveränderung einsetzt. Weil sie wirtschaftskonformer und im Schein moderater ist? Ein Teil von denen, die die 18%-Initiative ablehnen, sind genau diejenigen, die das Ausländergesetz machen oder unterstützen. Schluss mit der scheinheiligen Doppelmoral!
 
 

Wehren wir uns gegen die rassistische und sexistische Stimmungsmache!
Solidarisieren wir uns mit allen Menschen, die ausgegrenzt, kriminalisiert und ausgeschafft werden!
Weg mit den HERRschaftsichernden Grenzen! - Bleiberecht für alle!

Rede für Liestal, 09.09.2000.